Österreichische Akademie für Psychologen | ÖAP

Geschichte des Berufsverbandes

Die Vorgeschichte1

In den Nachkriegsjahren versuchten immer mehr akademisch ausgebildete PsycholgoInnen beruflich Fuß zu fassen und mussten sich dabei gegen andere Berufsgruppen, die ebenfalls Ihre Leistungen (Handlesen, Kartenlegen, Schriftanalyse etc) unter dem Namen der "Psychologie" anboten, behaupten. Es gab keine gesetzliche Regelung hinsichtlich der Berufsausbildung, jede Person unabhängig von ihrer Ausbildung und beruflichen Erfahrung konnte sich als "Psychologe" bezeichnen.

Die Gründung und die Anfangsjahre2

Vor diesen Hintergründen wurde der Ruf nach einer Interessensvertretung akademisch ausgebildeter und praktisch tätiger PsychologInnen laut und gipfelte 1953 in der Gründung des Berufsverbands Österreichischer Psychologen (BÖP) durch Otto Pawlick, Ernst Hofer und Erich Mittenecker. In der konstituierenden Generalversammlung am 24.10.1953 am Psychologischen Institut in Wien konnten schon 107 Mitglieder verzeichnet werden. Insgesamt waren in Österreich um diese Zeit rund 120 PsychologInnen tätig.

Auf der Agenda der ersten Jahre standen die Einführung einer gesetzlichen Regelung hinsichtlich der Berufsbezeichnung und -ausübung, Ausarbeitung von Ethikrichtlinien, Unterstützung von angestellten und selbständigen PsychologInnen, Öffentlichkeitsarbeit und Werbung. Nachdem die Durchsetzung einer gesetzlichen Regelung aufgrund rechtlicher Kompetenzproblematik in weite Ferne rückte, konzentrierte man sich darauf, die Stellung von PsychologInnen zu stärken und zu schützen, in dem man versuchte den Missbrauch der Psychologie durch fachfremde Personen aufzudecken. 1959 begann man auch Fortbildungsseminare für PsychologInnen anzubieten.

Die 60er und 70er Jahre3

Noch immer wurde das Ziel, ein Psychologengesetz zu erlangen, angestrebt und 1978 kam es sogar zu einem Begutachtungsverfahren, das jedoch negativ ausfiel. Diesmal wurden die Kammerregelung und Abgrenzungsschwierigkeiten zu benachbarten Disziplinen zu Hindernissen. Zusätzlich stand die Etablierung und Positionierung des Verbands in der Öffentlichkeit und unter den PsychologInnen im Vordergrund. Intern wurden nach und nach Landesgruppen und Fachsektionen, die sich bestimmten Themengebiet der Psychologie (z.B. Klinische Psychologie, Verkehrspsychologie, etc) widmeten, geschaffen.

Die 80er Jahre

Der Berufsverband, der schon immer gute internationale Kontakte hatte und Kooperationen anstrebte, wurde 1981 Gründungsmitglied der European Federation of Psychologists' Associations (EFPA). Bis heute hält die starke Verbundenheit mit den europäischen KollegInnen an. 1984 wurde eine eigene "Fortbildungsakademie" ins Leben gerufen (heute die "Österreichische Akademie für Psychologie (ÖAP)), die in den weiteren Jahren zur führenden Anbieterin für die Aus-, Fort- und Weiterbildung von PsychologInnen wird. Das Thema "Psychologengesetz" war weiter aktuell und wurde in Arbeitsgruppen, Unterschriftaktionen, Memoranden etc vorangetrieben. Gegen Ende des Jahrzehnts zeichnete sich dann auch eine positive Lösung ab.

Die 90er Jahre

1991 war es dann auch soweit und das 1. Psychologengesetz trat in Kraft. 38 Jahre nach der Gründung des Verbands wurde sein Hauptziel erreicht. Intern ging es ebenfalls erfolgreich voran, weitere Fachsektionen (Schulpsychologie, Kinder-, Jugend- und Familienpsychologie, Forensische Psychologie, Umweltpsychologie, Sportpsychologie), Landesgruppen (Burgenland, Niederösterreich) und Referate (interkulturelle Beratung und Betreuung und betriebliche Gesundheit und Arbeitspsychologie) wurden gegründet, 1995 dann die Plattform StudentInnen (PLAST) mit 120 Mitgliedern.

Eine Kooperation mit der Österreichischen Gesellschaft für Psychologie (ÖGP), die hauptsächlich universitär und forschungsgerichtet agiert, wurde 1993 vereinbart.

Im Dezember 1994 konnte mit der Unterzeichnung des Gesamtvertrages, der die Übernahme der klinisch-psychologische Diagnostik auf Krankenkassenkosten regelt, ein weiterer Erfolg verzeichnet werden. Damals wurden 39 Personen als "VertragspsychologInnen" aufgenommen, heute sind es 100.

1995 nahm die Helpline, das telefonische Beratungsservice des BÖP, ihren Dienst auf und im BÖP hielten Email und Internet Einzug. 1996 gab es schon knapp 1.500 Mitglieder, die auch rege an der sich entfaltenden Kammerdiskussion teilnahmen. Schlussendlich wurde eine Pflichtmitgliedschaft abgelehnt und der Berufsverband blieb eine freiwillige Interessensvertretung.

Einen Wachstumsschub erhielt auch die Fortbildungsakademie durch das Inkrafttreten des Psychologengesetzes, in dem einerseits eine postgraduale theoretische Ausbildung zum Klinischen und/oder Gesundheitspsychologen und andererseits eine Fortbildungsverpflichtung für Klinische und/oder Gesundheits-psychologInnen definiert ist. Dieses Wachstum und die Notwendigkeit stetiger Professionalisierung führten dazu, dass die Fortbildungsakademie 1998 als Teil der Serviceorganisation des BÖP GmbH in ein eigenständiges Unternehmen ausgelagert wurde, das aber zu 100% im Eigentum des Berufsverbandes steht.

1998 veranstaltete der BÖP nicht nur den European Health Psychology Society (EHPS)-Kongress in Wien, sondern führte mit dem Psychnet eine kostenlose PsychologInnensuche über das Internet ein.

Die 2000er Jahre

Das neue Jahrtausend begann für den Berufsverband mit der Aufnahme des 2.000 Mitglieds sehr erfolgreich und setzte sich mit der Etablierung des Notfallpsychologischen Dienstes und der Gründungssitzung des Vereins für Ambulante Psychotherapie (VAP), der dem BÖP nahesteht, fort.

Da der Ruf nach einer Novellierung des Psychologengesetzes lauter wurde, wurde diese wieder zum Ziel der amtierenden Präsidien erhoben und stetig vorangetrieben.

2003 wurde im Rahmen des EFPA-Kongresses in Wien das 50j-ährige Jubiläum des BÖP gefeiert, der schon 3.000 Mitglieder zählte und der im Laufe der Jahre zu einem wichtigen Partner in der Österreichischen Gesundheitslandschaft wurde.

Die weiteren Jahre waren vor allem durch Teilnahme des BÖP an ministeriellen Arbeitsgruppen, Projekten und Veranstaltungen gekennzeichnet.

2007 wurde die Umbenennung der Fortbildungsakademie in "Österreichische Akademie für Psychologie (ÖAP)" genehmigt und vom Patentamt mit 4.10.2007 als Marke registriert.

Die 2010er Jahre

2010 konnte wiederum ein Jubiläum begangen werden, die Verbandszeitschrift "Psychologie in Österreich" (PIÖ) feierte ihr 30-jähriges Bestehen.

Die Bemühungen um eine neues Psychologengesetz wurden immer konkreter, die Termine des Präsidiums dazu immer mehr und intensiver. Intern wurden 2012 die Referate "Suchtpsychologie" und das "Referat für PsychologInnen in Österreichischen Krankenanstalten" gegründet und das 4.000 Mitglied begrüßt. Im Jahr 2013 wurde dann das Psychologengesetz novelliert. Ein Jahr später hatte der BÖP erstmals mehr als 5.000 Mitglieder und zog an seinen neuen, aktuellen Standort in den dritten Wiener Gemeindebezirk.

Im Jahr 2019 startete der BÖP die "Petition für eine bessere Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen in Österreich", die am Ende mit mit mehr als 38.000 UnterstützerInnen ein starkes öffentliches Zeichen setze. Mit 1.800 BesucherInnen wurde der vom BÖP organisierte "Tag der Psychologie" 2019 zu einem wahren Publikumsmagnet.

Im BÖP-Generalsekretariat wurde Ende der 2010er Jahre unter anderem neue Positionen im Bereich Öffentlichkeitsarbeit, Berufspolitik und Recht geschaffen.

Die 2020er Jahre

Die 2020er Jahre waren auch im Generalsekretariat geprägt von weiteren Professionalisierungsmaßnahmen. So wurde beispielsweise die Stelle einer "Berufspolitischen Fachreferenz" geschaffen, um den zahlreichen, berufspolitischen Agenden des BÖP gerecht zu werden. 2020 überstieg die Zahl der Mitglieder erstmals die 6.000er-Grenze.

Im Jahr 2021 wurde vom BÖP für das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz das Projekt "Wir stärken Stärken" umgesetzt. Bis April 2022 konnten im Rahmen von "Wir stärken Stärken" bis zu 800 armuts- und ausgrenzungsgefährdete Kinder und Jugendliche kostenlos jeweils zehn klinisch-psychologische bzw. gesundheitspsychologische Einheiten in Anspruch nehmen. Insgesamt 350 Klinische PsychologInnen mit dem Arbeitsschwerpunkt Kinder-, Jugend- und Familienpsychologie übernahmen österreichweit die qualitativ hochwertige Beratung/Behandlung.

Auch vereinsintern gab es im Jahr 2021 Neuerungen: Zum einen wurde die Fachsektion Umweltpsychologie reaktiviert, zum anderen erstmals eine Online-Wahl durchgeführt.

Im Jahr 2022 wurden gleich zwei BÖP-Großprojekte aus der Taufe gehoben. Mit "Gesund aus der Krise" setzt der BÖP seitdem als Abwicklungsstelle und in enger Zusammenarbeit mit dem ÖBVP ein europaweites Leuchturmprojekt um. "Gesund aus der Krise" bietet klinisch-psychologische, gesundheitspsychologische sowie psychotherapeutische Beratung und Behandlung von Kindern und Jugendlichen zur Bewältigung von psychosozialen Folgen der aktuell vorherrschenden multiplen Krisen. "Gesund aus der Krise" ist ein Projekt aus den Mitteln des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.

Das Projekt "#change" bietet ebenfalls seit 2022 Jugendlichen und jungen Erwachsenen wichtige psychologische Unterstützung für einen (Wieder-)einstieg in den ersten Arbeitsmarkt. "#change" ist ein vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gefördertes Projekt, das Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine erfolgreiche Teilnahme an den SMS-Projekten ermöglichen und ihre Chance beim (Wieder)einstieg in den ersten Arbeitsmarkt erhöhen soll.

Im Jahr 2023 feierte der BÖP mit seinem 70-jährigen Bestehen ein ganz besonderes Jubiläum. Mit stolzen 6.700 Mitgliedern wurde eine weitere beeindruckende Marke geknackt, die den Berufsverband nach wie vor zur größten Interessensvertretung von PsychologInnen in Österreich macht. Ein bedeutender Meilenstein in dieser Geschichte ist die Erfüllung einer langjährigen Forderung des BÖP: Nach jahrzehntelangen Verhandlungen wurde im Jahr 2023 ein Ministerratsbeschluss zur Gleichstellung von Klinischer Psychologie und Psychotherapie erreicht.


1 Quelle: Schallert, S. (2000): Psychologie als Beruf. Entstehung, Entwicklung und Hintergründe psychologischer Berufsfelder im Österreich der Nachkriegszeit. Wien, Univ., Dipl.-Arb.
2 Quelle: s.o.
3 Quelle: BÖP-Archiv