Österreichische Akademie für Psychologen | ÖAP

BÖP fordert mehr Unterstützung für Frauen

06.03.2025 | Öffentlichkeitsarbeit

Psychische Gesundheit: Ein entscheidender Pfeiler auf dem Weg zur Geschlechtergleichstellung

Anlässlich des Weltfrauentags weist der Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP) auf die drängenden Herausforderungen der psychischen Gesundheit von Frauen in Österreich hin. Der Tag erinnert nicht nur an Fortschritte in der Geschlechtergleichstellung, sondern auch an die tiefgreifenden Ungleichheiten und psychischen Belastungen, die weiterhin die Lebensrealität vieler Frauen prägen.

Depression ist weiblich

Frauen erhalten signifikant häufiger die Diagnose Depression, leiden öfter an Angststörungen und Phobien und sind zu 95 % von Essstörungen betroffen. Ein wesentlicher Faktor, der diese hohe Belastung mitbedingt, ist der immense Druck, der auf Mädchen und junge Frauen ausgeübt wird. Besonders durch gängige Schönheits- und Schlankheitsideale, die vor allem in den sozialen Medien omnipräsent sind, wird dieser Druck verstärkt. Diese unrealistischen Erwartungen führen nicht nur zu einem gestörten Körperbild, sondern auch zu einem niedrigeren Selbstwertgefühl, was das Risiko für psychische Erkrankungen wie Depressionen und Essstörungen erhöht.


Zusätzlich sind Frauen körperlich und psychisch stärker von verschiedenen Gesundheitsproblemen betroffen. Sie nehmen etwa doppelt so häufig Psychopharmaka wie Männer und leiden vermehrt unter Schlafstörungen, Migräne sowie vegetativen Beschwerden. Besonders besorgniserregend ist auch die Tatsache, dass etwa 18 % aller Mütter drei bis sechs Monate nach der Geburt an einer postpartalen Depression (PPD) erkranken, einer oft unterschätzten, aber sehr belastenden psychischen Erkrankung, die das Leben der betroffenen Frauen erheblich beeinträchtigen kann.


Viele Faktoren sind für die hohe Rate an psychischen Erkrankungen bei Frauen verantwortlich, ein entscheidender Grund sind aber nach wie vor die Gewaltübergriffe von Männern denen Frauen ausgesetzt sind. Häusliche Gewalt, sexuelle Belästigung und körperliche Misshandlung hinterlassen nicht nur sichtbare Wunden, sondern auch tiefgreifende psychische Schäden, die das Risiko für Depressionen, massive Suchtprobleme oder Suizidversuche erheblich erhöhen. Diese traumatischen Erfahrungen sind maßgeblich für die gravierenden Unterschiede in der psychischen Gesundheit von Frauen verantwortlich.

Gender-Pay-Gap und Care-Arbeit: Ungesehene Belastungen für Frauen

Frauen in Österreich verdienen im Durchschnitt immer noch deutlich weniger als Männer - eine Lücke, die nicht nur das finanzielle Wohlbefinden beeinträchtigt, sondern auch zu einem erhöhten Stress- und Druckgefühl führt. Die ständige Sorge um finanzielle Sicherheit kann zu psychischen Belastungen führen und das Gefühl der Ohnmacht verstärken. Diese Belastung wird zusätzlich durch die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit verstärkt, da Frauen nach wie vor den Großteil der unbezahlten Sorgearbeit übernehmen, sei es in der Betreuung von Kindern, der Pflege älterer Angehöriger, die zu 90 % von Frauen geleistet wird oder im Haushalt. Der Gender-Care-Gap beträgt 43 %, was zu einer oft unsichtbaren Mehrfachbelastung führt und das Risiko für psychische Erschöpfung steigert.

Psychische Gesundheit als Schlüssel zur Gleichstellung

Frauen sind nach wie vor in vielen Lebensbereichen mit strukturellen Ungleichgewichten konfrontiert, die sowohl ihre Lebensqualität als auch ihre psychische Gesundheit beeinträchtigen. Der BÖP fordert daher gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Stellung von Frauen in der Gesellschaft: Dazu gehören die Reduktion des Gender-Pay-Gaps, familienfreundliche Arbeits- und Sozialpolitik sowie die stärkere Beteiligung von Vätern an der Sorgearbeit. Besonders wichtig ist die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Sie müssen aus der Opferrolle herausgeführt und gezielt unterstützt werden. Es ist essenziell, Frauen zu ermutigen, ihre psychische Gesundheit ernst zu nehmen und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein frauenspezifischer klinisch-psychologischer Ansatz stärkt das Selbstbewusstsein von Frauen und fördert ihre Resilienz. Die Psychologie bietet effektive Strategien zur Bewältigung von Traumata und Stress - eine wesentliche Voraussetzung, um langfristig die Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen.


„Die insgesamt unterlegene gesellschaftliche Position der Frauen, ihr geringeres Einkommen, patriarchale Gewalt und seit Jahrhunderten gleichbleibende Rollenerwartungen schwächen Frauen in erheblichem Maße“, betont BÖP-Präsidentin a.o. Univ.-Prof.in Dr.in Beate Wimmer-Puchinger. „Genau deshalb dürfen wir nicht nachlassen - es ist unsere Pflicht, eine neue Generation zu unterstützen, in der Geschlechtergleichstellung nicht mehr erkämpft, sondern als selbstverständlich gelebt wird. Wir müssen Frauen stärker in den Fokus rücken, ihre Sorgen und Ängste ernst nehmen und gezielt Entlastungsangebote schaffen. Jetzt ist die Zeit, entschlossen zu handeln - unermüdlich, kompromisslos, gemeinsam!“
Der BÖP: Größte Interessensvertretung von PsychologInnen in Österreich


Mit 86 % weiblichen Mitgliedern trägt der BÖP eine besondere Verantwortung und setzt sich aktiv für die psychische Gesundheit von Frauen ein. Wir engagieren uns in der klinisch-psychologischen Behandlung, Prävention und Aufklärung - für eine Gesellschaft, in der Frauen sich psychisch gestärkt und gleichberechtigt entfalten können.